Der Rhein: Fähren, Bauten, Katastrophen
Rheingletscher
Vor ca. 14‘000 Jahren lag im Rheintal die Zunge des Rheingletschers. Sie erstreckte sich bis Montlingen und kalbte dort in den Bodensee. Der Gletscher zog sich dann zurück, das Wasser sammelte sich zum Rheintal-Bodensee, der bis nach Sargans reichte.
Rheintalsee
Vor ca. 10‘000 Jahren teilte sich dieser See. Durch die Aufschüttung der Jll wurde der obere Teil des Sees aufgestaut und vom Bodensee abgetrennt. Von Süden her hatte der Rhein den See bereits bis Buchs mit Geschiebe aufgefüllt. Es entstand der Rheintalsee, der die Ebene von Sennwald bis Buchs füllte. Der Rhein bildete das Verbindungsstück zum Bodensee, der sich bis Oberriet ausdehnte.
Bergsturz
Ein gewaltiger Bergsturz vor etwa 7‘000 Jahren aus dem Gebiet der Chelen in den sich kurz vor der Verlandung befindlichen Rheintalsee brachte weiteres Füllmaterial. Der Schlosswald steht auf diesem Trümmerfeld, deshalb war dessen spätere Urbarisierung unmöglich. Der Schlosswald ist somit das letzte grössere Waldareal auf dem Talboden des St. Galler Rheintales.
Verlandung
Vor 6‘000 – 8‘000 Jahren dürfte der Rheintalsee schliesslich gänzlich verschwunden sein. Wo das Wasser keine Abflussmöglichkeit fand, bildeten sich kleine Seen, die später zu Flachmooren verlandeten und als Riet zur Streuegewinnung genutzt wurden.
Der Rhein
Der Rhein brachte die Talbewohner in früheren Zeiten immer wieder in Bedrängnis und bittere Not, denn das Kulturland in der Talebene wurde zur Ernährung der wachsenden Bevölkerung benötigt. Durch sein mäandrierendes Flusssystem hatte der Fluss viel Land beansprucht.
Die Menschen am Rhein kämpften seit Jahrhunderten gegen die immer wieder auftretenden Über-schwemmungen. Auf beiden Seiten versuchten sie, den Lauf des Rheins zu steuern und schütteten mit walzenförmigen Reisigbündeln, Holz und Steinen Wuhre auf. Dies gab jedoch keine genügende Sicherheit, um die Fluten von Feldern und Behausungen fernzuhalten. Die hartnäckigen Anstrengungen waren letztendlich vergeblich.
Konflikte entstanden, wenn eine Gemeinde eine Schupfwuhr aufschüttete und damit die Strömung weg vom Ufer in die Flussmitte oder in Richtung gegenüberliegendes Ufer lenkte. Gegenmassnahmen und Streit waren die Folge.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts kam es zunehmend zu Rheinüberschwemmungen. Diese Rheinausbrüche betrafen vor allem die neuen Kulturlandschaften.
Durch die unkoordinierten Wuhren, die schlechte Bauweise der Dämme, das Abholzen der Wälder im Einzugsgebiet des Rheins und die zunehmende Beanspruchung seiner ursprünglichen, natürlichen Hochwasserzonen blieb der Rhein lange Zeit eine Gefahr für die Anwohner. Wirklich gelöst wurde das Problem erst viel später und nur durch Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg.
Die mangelhaften Rheindämme: Beschreibung von Steinmüller 1804
Kostenspieliger Katastrophenschutz: Die Rheinnot, Artikel von 1856
Das Hochwasser im Jahr 1868: Artikel aus dem SAC Jahrbuch
Auswanderung
Notzeiten durch anhaltende Regengüsse, Überschwemmungen, Missernten, Kartoffel- krankheiten und die Teuerung, nötigten viele Rheintaler zur Auswanderung, v.a. nach Amerika, unterstützt durch Reiseunternehmen und Aus- wanderungsagenturen. Dort waren riesige, nur dünn besiedelte Gebiete vorhanden, die Wirtschaft boomte, es mangelte an Arbeitskräften.
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Rheinkorrektion
Obwohl die Rheinkorrektionsarbeiten (1862 – 1927) vorangetrieben wurden, konnte der Fluss den ständigen Nachschub von Geröll nicht abführen. Die Flusssohle hob sich um über zwei Meter. Die Dämme mussten erhöht werden, wodurch jedoch die Einleitung der Binnengewässer schwieriger wurde. Die Seitengewässer mündeten direkt in den Rhein und im Bereich dieser Dammlücken kam es immer wieder zu Rückstau-Überschwemmungen.
Aus dem höher gelegenen Rheinbett bestand jedoch nicht nur die Gefahr von Überschwemmungen und Rückstauungen der Zuflüsse, sondern auch Feuchtigkeit verbreitete sich über den ganzen ebenen Talgrund. Das Grundwasser der Ebene stieg, ehemals fruchtbare Böden versumpften und die Fruchtbarkeit des Landes nahm ab. Diese Landflächen liessen nur noch Rietgras wachsen, Obstbäume starben.
Der Diepoldsauer Rheindurchstich: Der Bericht des Oberingenieurs
Die Rheinkatastrophe von 1927: Bildliche Dokumentation
Der Wiederaufbau nach der Rheinkatastrophe 1927: Liechtensteinische Broschüre zum Wiederaufbau
Rheinüberquerung
Die Überquerung des Rheins vor der Korrektion erfolgte durch Fuhrten oder mittels Fähren, bis diese den wachsenden Anforderungen des Verkehrs nicht mehr genügten. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Bau fester Brücken zwischen Bodensee und Ragaz angegangen.
Auch die Fähre Ruggell-Salez sollte durch eine Brücke ersetzt werden. Die Gemeinde Sennwald lehnte den Bau dieser Brücke ab, da sie die Einfuhr von billigem Fleisch und von billigen Arbeitskräften befürchteten. Zudem war die Gemeinde als Folge der Saxerrietkorrektion hoch verschuldet. Nach der Rheinkatastrophe 1927 trugen Bund und Kanton wesentlich an die Kosten der Zufahrtsstrasse bei. Die Brücke Salez-Ruggel wurde 1929 erbaut, aus dem Holz der abgebauten Eisenbahnbrücke in Ragaz. 1963 wurde sie durch einen Brand zerstört.
Bilder zu allen Rheinfähren und Rheinbrücken
Die Rheinfähre von Salez-Ruggell: Zusammenstellung
Korrektur Binnengewässer
Der Bau des Werdenberger Binnenkanals 1882 – 1886, und damit die indirekte Einleitung der Seitengewässer in den Rhein, verursachte eine wesentliche Senkung des Grundwassers.
Bergbäche führten viel Geschiebe zu Tal. Die gefüllten Bachläufe mussten ausgeschöpft werden, das Material wurde zur Aufdämmung der Ufer verwendet. Bachsohlen und Dämme wuchsen ständig in die Höhe, schliesslich über das Niveau der Landschaft hinaus. In die nun zu hoch liegenden Bachläufe konnten keine Entwässerungsgräben eingeleitet werden. Bei Hochwasser wurden die Rieter überschwemmt und verschmutzt, mangels Abflussmöglichkeiten bildeten sich wochenlang kleine Seen, es wuchs nur noch Streue.
Mit zunehmender Bevölkerung wurde der Privatgrund in immer kleinere Parzellen zerstückelt, mit schlechten Wegen, und die Bewirtschaftung somit erschwert.
Melioration
1918 fiel der Entscheid zur Gewässerkorrektion und gleichzeitigen Güterzusammenlegung. Dem Kanton wurden 170 ha zur Verlegung der Kant. Strafanstalt abgetreten. 1920 wurde mit den Arbeiten begonnen: Festsetzen des Wegnetzes, Kanalisation und Begradigung zuvor weitläufig mäandrierender Wildbäche und die Anlage von Entsumpfungsgräben.
Nach der Korrektion der Talläufe der Bergbäche wurde die Verbauung der Oberläufe vorangetrieben, um die neu erstellten Kanäle im Tal vom Geschiebe aus dem Berggebiet freizuhalten und die Siedlungen am Hangfuss vor Hochwasserschäden zu schützen. Meistens wurden nur punktuelle Eingriffe vorgenommen, zum Beispiel um Gefälle zu überwinden, die Bachsohle zu stabilisieren oder in Siedlungsnähe die schnelle Wasserableitung auf kleiner Fläche zu sichern. Kiessammler und Holzrückhaltevorrichtungen am Ende der steilen Strecken sollten vor Kies-auflandungen und Überschwemmungen schützen.
Diese Bauten brachten vielen Einheimischen harte, aber willkommene Verdienstmöglichkeiten.
Die baulichen Massnahmen entwässerten die Talfläche und durch die Bodenverbesserung konnten die Erträge erhöht werden. Die Bodenzusammenlegung ermöglichte eine rationellere Bewirtschaftung. Es entstanden intensiv nutzbare Landwirtschaftsflächen. Nun erlangte neben Viehzucht und Milchwirtschaft auch der Ackerbau grössere Bedeutung.
Naturnahe Flächen und Auen verschwanden bis auf wenige Reste.
Wald
Nachdem sich der Rheingletscher zurückgezogen hatte, begann sich die Vegetation wieder auszubreiten. Nach dem Verlanden des Rheintalsees konnte sich auch auf der Talebene Wald ansiedeln.
Als der Mensch sesshaft wurde, waren kaum grössere offene Flächen vorhanden. Die Waldfläche muss bis zur natürlichen Waldgrenze geschlossen gewesen sein, einzig Lawinen, Rüfen und Windwurf werden lichte Stellen geschlagen haben. Durch Rodungen wurden Siedlungsplätze und Kulturland geschaffen und Weiden gewonnen. Während der geringen Bevölkerungsdichte waren nur einige Kulturinseln in der riesigen Urwaldwildnis vorhanden.
Der Wald hatte eine existenzielle Bedeutung für die Menschen.
Mit wachsender Bevölkerung und zunehmender Futterknappheit wurde vermehrt Holz geschlagen und Land erschlossen. Der Wald wurde als Weide in Anspruch genommen, die Baumgrenze sank. Zur Umwandlung von Wildnis in Kulturland genügte nicht bloss die Beseitigung des Waldes, es mussten auch Felsblöcke und Steine entfernt werden. Diese wurden zu Trockenmauern aufgeschichtet, die die Nutzungsgrenzen markierten.
Grosse Holzmengen wurden für die Errichtung und den Unterhalt der Wuhre am Rhein benötigt. Salez und Haag besassen nur sehr wenig Wald und so mussten die Nachbardörfer Holz liefern.
Der Wald spielte als Rohstofflieferant eine zentrale Rolle. Er gab Baumaterial für Gebäude und Zäune ab, war Brennmaterial für Küche und Öfen. Zudem wurden die meisten Gebrauchsgegenstände aus Holz gefertigt. Der Wald lieferte Nüsse, Honig, Pilze und Beeren zur Ernährung von Mensch und Vieh, später auch Baumaterial für das Gewerbe und die aufkommende Industrie. Er wurde übernutzt.
Der wachsende Nutzungsdruck machte Waldschutzmassnahmen notwendig. Viele Wälder, die noch nicht gerodet waren, mussten geschont werden. Bergwald hat eine Schutzfunktion indem er die Menschen und Gebäude am Bergfuss vor Lawinen, Hochwasser, Felsstürzen und Steinschlag schützt.