Sargans

Das Schwefelbad:

(Quelle: Hydrographia helvetica. Beschreibung der Seen/Flüssen/Brünnen/warmen und kalten Bäderen / und anderen Mineral-Wassern des Schweizerlands. Der Natur-Histori des Schweitzerlands zweyter Theil. Johann Jakob Scheuchzer. Zürich 1717)

Aus einem Reisebeschrieb von 1858:

… Werfen wir noch einen Blick … auf Sargans. Wen mahnt nicht schon dieser Name Sargans an die Tage und Schicksale des alten, mächtigen und vielverzweigten Geschlechts der Grafen von Werdenberg, an die Abenteuer des Helden, der in den Freiheitskriegen Appenzells Hirtenkleider anlegte! – Und wie bald und tief sank dieser uraltadelige Stamm in sich selbst modernd zusammen! – In die Linien Werdenberg-Heiligenberg und Werdenberg-Sargans getrennt, zerstörten die feindseligen Brüder in ewiger Fehde unter einander Macht und Ruhm ihres Hauses, bis Alles verschwunden war. Einst mit ihrem Besitzthum weit durch Schwaben und Rhätien verbreitet, verarmten und geriethen sie in so tiefe Schulden, dass endlich der Rest ihres ganzen Vermögens (im J. 1494) im Städtlein Sargans öffentlich den Meistbietenden versteigert werden musste.
Das Städtchen, mit seinen freundlichen Wohnungen und bäurisch eingezäunten Gärten schmiegt sich an den Marmorfuss seines Schollberges und wird von der Handelsstrasse belebt, die hindurch über die rhätischen Alpen nach Italien führt. Auf der Felsenhöhe darüber prangt noch malerisch mit seinen Mauern und Zinnen, das alterthümliche Schloss der ehemaligen Grafen. Nachdem diese es in ihren Geldnöthen den Eidgenossen verkauft hatten, hauseten statt jener darin schweizerische Landvögte. Jetzt ist es, um 12’000 Gulden, mit dazugehörenden Gütern Eigenthum eines Privatmanns geworden. ….
(Quelle: Die Schweiz in ihren klassischen Stellen. Heinrich Zschokke. 1858)

Der Graf will einen Teil des Schlosses abbrechen:

Aus Sargans schreibt man dem «R. Tagbl.»: Wie verlautet, gehe der gegenwärtige Besitzer des Schlosses Sargans, der Graf von Toggenburg in Wien, mit dem Gedanken um, einen Theil des Schlosses mit Rücksicht auf dessen Baufälligkeit abzubrechen. Damit drohe der ganzen Gegend die Gefahr, dass die malerische, das ganze Thal zierende Ruine missgestaltet und verstümmelt werde. Leider ging die Besitzung seiner Zeit ohne irgend welche Verpflichtungen über Erhaltung des Baues aus den Händen des Staates in fremde Hände über und hatten die hiesigen Behörden – ohne Verständnis für den Werth des Besitzes des Schlosses für das Städtchen und die Gegend – den günstigen Zeitpunkt zur Erwerbung desselben unbenutzt verstreichen lassen. Der Einsender hofft, sie werde jetzt keine Mühe und Anstrengung sich verdriessen lassen, um noch zu retten, was zu retten ist.
(Quelle: Die Alpenpost 1871)

Die Rheinthaler-Strasse:

… Wie die neue Kantonsregierung insbesondere auch der Verbesserung der Strassenzüge ihr Augenmerk zuwandte, so gedachte sie die Rheinthaler-Strasse, welche durch den starken Verkehr über die Tardisbrücke nach Cur wichtig war, für den Betrieb richtiger anzulegen, und eine hauptsächlich der Besserung bedürftige Stelle fiel aus Sarganser Gebiet, gleich unterhalb des Städtchens Sargans am Wege nach dem Wartauer Ländchen am Schollberg. War nämlich am Ende des Mittelalters die Anlage einer in die Felsen gehauenen Saumstrasse von Trübbach her gegen Sargans, welche die bis anhin auf enge Bergpfade beschränkte, höchst beschwerliche Verbindung überflüssig machte, für jene Zeit ein wesentlicher Fortschritt gewesen, so genügte jetzt hinwieder diese Strasse durchaus nicht mehr, und die sogenannte Hochwand sollte gesprengt werden. Die Regierung, in ihr zumeist der als Rheinegger für die Sache auch persönlich interessirte, thatkräftige Messmer, schlug 1810 den Bau einer neuen horizontal geführten Strecke durch die Felswand am Rheine entlang vor, besonders auch, wie sie betonte, um zu zeigen, dass es nicht scheine, als hätte sich bloss der zunächst unter ihren Augen liegende Theil des Kantons der Sorgfalt von oben her zu getrösten, um vielmehr auch das Oberland mit einer Gabe zu beschenken. Es war Alles umsonst; der staatswirthschaftlichen Commission des Grossen Rathes erschien die geforderten 100,000 Gulden als eine zu grosse Summe, und so wurde nur die bisherige Strasse besser hergestellt. Noch bis 1822, wo dann in der tieferen Lage der Bau wirklich zu Stande kam, mussten die Fuhrleute auf dem höheren Strassenzug über den Berg hinweg sich abmühen. …
(Quelle: SAC Jahrbuch Band 25 1889)

Sargans und Umgebung 1793

Sargans. Wirthshäuser: Weisses Kreutz. Löwe. Es liegt am Fusse des Schollberges. Der Landvogt wohnt hier; auf seinem Schloss eine schöne Aussicht auf das ganze Thal. – Fas Flüsschen Sar durchströmt das Thal. Gegenüber liebt Mels, in dessen Nähe sich das Weisstannen-Thal öffnet, aus dem die Senez kömmt, die sich in den Wallensee ergiesst. Nicht weit von Mels sind Steinbrüche, wo man viele Mühlensteine verarbeitet. … Der rothe Schiefer ist eisenhaltig, was mir um so wahrscheinlicher wird, weil ganz in der Nähe nicht weit von Sargans bei Flums der Berg Gunzen steht, in dem dreyerley reiche Eisenerze brechen, die zusammengeschmolzen ein vortreffliches Eisen geben, was unter dem Namen Flumser-Eisen bekannt war, so lange das Bergwerk ausgebeutet wurde. Aus Mangel des Holzes hat man mit der Bearbeitung desselben aufhören müssen. …
In dem Sarganser-Lande und im Gaster, die zusammengrenzen, trift man lateinische Benennungen rein beybehalten an; andere, wo man den Ursprung leicht erkennt. Z:B. Vilters (Villa tertia), Flums (Castra de flumine), Greplang (Crappa longa), Tscherlach (cerne lacum), Gaster (Castra romana), Quinte, Quarte, Terz, kleine Dörfchen am Wallen-See. Die Namen der Alpen sind auch grösstentheils römisch oder rhätisch. – Nach Ragaz 1 ½ St. Rechts vom Wege an dem Berge sieht man einen Wasserfall. – Nach Wallenstadt 3 St. auf dem Wege sieht man einen schönen Wasserfall, der rechts von dem steilen Felsen nahe an der Strasse herabstürzt.
(Quelle: „Anleitung auf die nützlichste und genussvollste Art in der Schweitz zu reisen“ J. G. Ebel, M.D. Zürich. Bey Orell, Gessner, Füssli und Compagnie, 1793.)

Das Rheinthal selbst ist einsam und öde:

… So wie man die Ecke an der hohen Wand herumwendet, öffnet sich das weite Sarganser Thal von hohen bewaldeten Gebirgen umgeben, über welche südlich der graue Calanda sein stolzes Haupt empor strebt. Das alte Schloss Sargans westlich an der Ecke des Schollbergs beherrscht von seinem Marmorberge ein 6 Stunden langes Thal; rechts schauet es nach dem Wallensee, links nach Wartau, und gerade vor sich nach Graubündten, dessen ausserordentliche Gebirgsmassen den erhabensten Anblick gewähren. Ich wandte mich von dem Felsenfuss herab ins weichsumpfige Thal, und nahm meinen Weg mitten durch die Ebene nach Ragaz. Das Thal selbst ist einsam und öde, indem das Auge auf dieser zwei Stunden langen Fläche weder Wohnungen, Hütten, noch Viehherden erblickt, nur wenige Dorfschaften liegen rechts am Fusse der Gebirge, durch die Perspektive verkleinert und versteckt. Der Wiesengrund, welcher diese weite Ebene deckt, zeugt von Nachlässigkeit und Trägheit; den vielfache Ueberschwemmungen und dem Verderben des Bodens sieht man wenig Einhalt gethan.
… Von Ragaz wanderte ich durch die schon beschriebene Thalebene nach Sargans zurück. Nicht weit von dem Städtchen führt der Weg über den Bach Saren oder Sarn, der sich nahe beim Schollberg in den Rhein ergiesst. Dieses Flüsschen verdient bemerkt zu werden, weil es wahrscheinlich den Einwohnern dieser Landschaft den veralteten Namen Sareueten, Sarunetes gegeben hat. Links nach Abend zeigen sich am Fusse der bewaldeten Berge Vilters das grosse Dorf Mels, und der Eingang in das bewohnte und holzreiche Weisstannenthal, aus welchem die wilde Seez herausströmt und dem Wallensee zueilt. Das Städtchen Sargans, der Hauptort der ganzen Landschaft, ist unbedeutend und schlecht gebaut; es liegt an der Ecke des Schollberges über das Thal etwas erhaben, aber demüthig unter dem landvöglichen Schlosse, welches auf der Höhe eines Marmorberges thront.
… Von Sargans führt nahe an dem Fusse hoher Felsen eine breite Strasse zwischen Wiesen, Feldern, Obstgärten und Dörfern in drei Stunden nach Wallenstadt. Das Thal verengert sich etwas, zeigt aber überall schöne Kultur, frisches Leben, Fruchtbarkeit und landschaftliche Abwechslung in weit höherm Grade, als das untere Thal von Ragaz bis Sargans. Ein sehr voller Wasserfall stürzt an einem Orte des Berges von beträchtlicher Höhe an den nackten Felswänden herab.
(Quelle: „Schilderung des Gebirgsvolkes“, 1802, Johann Gottfried Ebel)

Der Sarganser ist übrigens stark und muthig

… Wallenstadt liegt fast an der Grenze der Vogtei Sargans, dessen Gebiet sich nicht mehr weit von hier am See hinauf erstreckt. Diese ganze Landschaft, welche ich bisher durchkreuzt habe, ist ungefähr 6 Stunden lang und 3 Stunden breit. Der grösste Theil dieser Oberfläche ist mit hohen Gebirgen besetzt, wovon einige an der Grenze von Bündten Gletscher tragen. Ein dichter grauer und schwarzer Kalkstein ist der allgemeine Charakter aller Sargansischen Gebirge. … Nördlich nahe hinter Sargans liegt in dieser Kalsteinformung dichter dunkelbrauner Eisenstein, und im Thal auf dieser Seite fliessen einige stark riechende Schwefelquellen.
Das Hauptthal von Ragaz nach Wallenstadt zieht sich von Morgen nach Abend, und geniesst eine sehr günstige Lage, welche noch dadurch vermehrt wird, dass es den warmen Südwinden von Bündten aus freien Zutritt gestattet. Die Fruchtbarkeit in diesem Thale ist gross; allein der Sarganser scheint zu träg, oder der mühsamen Landkultur zu ungewohnt, als dass er durch seinen Fleiss der Natur zu Hülfe kommen sollte. Er baut nichts als schlechte Gerste, Türkisches und Heidekorn. Das meiste Land wird zu Wiesen und Weiden benutzt; aber auch hierauf wird nicht die Sorgfalt und die Verbesserung verwandt, welche in andern Gegenden der Schweiz mit so grossem Erfolg den Graswuchs erhöht haben. Der Rhein und mehrere Bergströme haben durch Ueberschwemmungen seit mehrern Jahrzehnden unglaublichen Schaden den guten Wiesen verursacht, ohne dass die Einwohner kräftige Anstalten zu Steuerung des Uebels getroffen haben. Der Obstwachs ist beträchtlich, und der Wein, welcher bei Wallenstadt und Ragaz gezogen wird, ist gut.
In den Gebirgen liegt der Reichthum des Landes, denn dort sind herrliche Nadel- und Laubholzwaldungen, ergiebige Eisenerze, zahlreiche Alpen, weisser und schwarzer Marmor, Krystalle in Mengen und Wildpret. Von allen diesen Gütern braucht der Sarganser hauptsächlich nur die Weidgänge, auf welche er im Sommer ganze Heerden Kühe, Ochsen, Pferde, Schaafe und Ziegen treibt. Viehzucht war deswegen von jeher sein Nahrungszweig. Die Zahl der Pferde, welche in diesem kleinen Ländchen bei Gras und Heu augezogen werden, beläuft sich auf 3 bis 4000 Stück, und der ganze Viehstand ist sehr beträchtlich. Einige Dorfschaften beziehen ihre Alpen gemeinschaftlich bloss nach der Ordnung, dass jeder Bewohner nicht mehr Vieh auf die Weidgänge ins Gebirge treibt, als er des Winters ernährt; in andern Gemeinden gehören die Alpen nur gewissen Geschlechtern als Eigenthum. Die Kuhmilch wird zu Butter verarbeitet. Obgleich die Sarganser sich besonders mit Viehzucht beschäftigen, so kann man sie doch nicht zu den Alpenvölkern rechnen; denn sie wohnen, wenige Dörfchen ausgenommen, nicht im Gebirge, sondern tief in dem Hauptthale. Man sieht hier kleine Städte und Dörfer, im Geschmack Ackerbau treibender Völker; aber weder die zerstreuten Wohnungen, noch die Bauart, noch die Sitten, noch den Charakter Schweizerischer Hirtenvölker. Der Sarganser ist übrigens stark und muthig, liebt den Kriegsdienst und ist ein vortrefflicher Soldat; steht aber allen seinen Nachbarn in Betreff der Thätigkeit, Industrie und Wohlhabenheit so auffallend nach, dass es jedem Reisenden bemerkbar werden muss. Ausser der Viehzucht giebt das Holzschlagen und Flössen aus dem Weisstannenthal nach dem Wallensee, ein Mühlensteinbruch bei Mels, ein Marmorbruch bei Völt, eine Kalkbrennerei und das Fortschaffen der durchgehenden Waaren mehrern Einwohnern Beschäftigung. Obgleich durch dieses Land eine Haupt-Handelsstrasse nach Italien geht, so sind doch die Wirthshäuser schlecht und ärmlich.
(Quelle: „Schilderung des Gebirgsvolkes“, 1802, Johann Gottfried Ebel)

Hier kam der Rhein nun auch wieder zum Vorschein:

… Von Wallenstadt aus hatten wir links am Wege eine Reihe steiler Felsen von ausserordentlicher Höhe; Rechts zogen sich hie und da Ebnen in die Oefnungen der Gebirge hinein; der Weg selbst war mit kleinem, losem Gesteine ganz besät. Er führte uns über Sargans, dem Hauptflecken der Landvogtey gleiches Namens, die von den acht alten Cantons wechselweise besetzt wird. Hier kam der Rhein nun auch wieder zum Vorscheine. Aber in welch einer veränderten Gestalt! Ein wildes, gefährliches Bergwasser, floss er in einem breiten, steinichten Bette, das jetzt kaum zur Hälfte bewässert war, trüb und anmuthlos dahin.
(Quelle: „Samuel Gottlieb Bürde’s Reise durch einen Theil der Schweiz und des obern Italiens“. Halberstadt in der Buchhandlung der Grosschen Erben, 1795)