Grosse Wäsche beim Grabser Mühlbach
Episode 8 – „Grosse Wäsche um 1950“: (aus „Erinnerungen an meine Jugend“ von Lina Mathis-Vetsch)
Jeweils am Sonntagmorgen legte uns Mutter frische Wäsche bereit. Diese trugen wir dann die ganze Woche. Auch die Kleider wechselten wir nur wöchentlich. Die Sonntagskleider wurden am Montagmorgen wieder schön im Schrank versorgt.
Bei einer so grossen Familie wuchs der Wäscheberg kontinuierlich an. Unsere Stofftaschentücher und die gestrickten Wollsocken und -strümpfe wuschen wir von Hand. Dazu stellte die Mutter eine kleine Gelte mit warmem Seifenwasser in der Küche auf den Hocker, und ich war schon bald einmal gross genug, diese Sachen zu waschen. Windeln konnten wir auf dem Holzherd in einem grossen Wäschehafen sieden. Spülen mussten wir sie wiederum von Hand, erst mit warmem Wasser aus dem Wasserschiff und dann noch zwei Mal mit kaltem Wasser.
Alle vier Wochen hatte Mutter grosse Wäsche. Die Bettwäsche wurde gewechselt, was von unseren acht Betten allein schon einen riesigen Berg ergab. Dazu kam die Küchenwäsche, die Frottetücher und Waschplätze. Vaters Stallhosen kamen dazu, die meist sehr dreckig waren. Solch schmutzige Wäschestücke musste Mutter in einer guten Seifenlauge einweichen.
Wir hatten keine Waschmaschine, aber im Dorf gab es drei öffentliche Waschküchen. Mutter liess immer in der Waschküche im Oberdorf waschen. Sie bestellte rechtzeitig die Waschfrau. Für uns war es immer „Gristgatter-Mreiä“ Am Vorabend musste Mutter die Wäsche in grossen hölzernen Gelten, auf einem Handwagen, ins Oberdorf ziehen. Auf dem Wagen war auch das Brennholz, das benötigt wurde um den Waschhafen zu heizen – dies war eine Last.
Den Handwagen mit der Wäsche stellten wir in den Stall bei Grossmutter. Am nächsten Morgen früh, zwischen vier und fünf Uhr, begann Mreiä in der Waschküche mit der Arbeit. Zuerst musste sie Feuer machen um das Wasser in den zwei Waschhafen zu erhitzen. Darin wurde die Wäsche gesotten, zuerst die Weisse, dann die Bunte und zum Schluss die Stallkleider. Dann kamen die Stücke in eine Waschmaschine, die vom Wasser des Mühlbaches angetrieben wurde. Danach wurde in zwei Spültrögen gespült, dazu konnte warmes Wasser vom Waschhafen hinübergeleitet werden. Die letzte Spülung mit kaltem Wasser erfolgte im fliessenden Wasser des Mühlbaches. Ich erinnere mich gut, wie die weissen Leintücher vom strömenden Wasser fast mitgenommen wurden, wie Mreiä sie festhielt und immer wieder zurück zog und wieder mitreissen liess, dies drei bis vier Mal, dann war die Wäsche bestimmt klar gespült. Unsere Mutter half an diesen Waschtagen oft mit, sofern es die anstehenden Arbeiten in der Landwirtschaft zuliessen.
So gegen Mittag war die anstrengende Arbeit getan. Ich weiss nicht mehr genau, welchen Stundenlohn die Waschfrau bekam. Ich meine mich zu erinnern, dass sie für die ganze Arbeit nur 4.50 Franken verlangte. Wusch sie an einem Tag für drei bis vier Familien so kam für sie doch ein schöner Betrag von fast 20.- Franken zusammen.
Mutter holte die saubere Wäsche ab und hängte sie zu Hause zum Trocknen auf. Bei schönem Wetter spannte sie in der oberen Wiese das lange Wäscheseil, in der kalten Jahreszeit oder bei schlechtem Wetter hing die Wäsche in der Oberdiele (Estrich), bis sie trocken war.
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